Die Herbstzeit ist Hochsaison für Auktionshäuser und Händler. Der eine oder andere Fund wird verkauft und damit haben die Corot-Bilder wieder Saison. Taucht ein „Corot“ auf, ist das allemal ein magischer Moment.
Eine Landschaft, wie sie im 19. Jahrhundert zu Tausenden gemalt wurde, naturalistisch bis impressionistisch. Sparsamer Farbauftrag, kleine Formate, typische Keile an der Rückseite, meist keine Inventarnummern. Keine Katalogisierung. Und eben dieses hingepinselte „COROT“, oft im linken unteren Rand. Ein kleines Wort, welches über die Bedeutung und den Preis entscheidet. Und dabei sind viele echte Bilder vom Meister nicht signiert.

The Velino Above the Cascade of Terni , 1826. Found in the Collection of Nasjonalmuseet for Kunst, Arkitektur og Design, Oslo. Artist Corot, Jean-Baptiste Camille (1796-1875). © Photo by Fine Art Images/Heritage Images via Getty Images
Gegen Ende des 19. Jhdts./ Beginn 20. Jhdts. war um den Franzosen Jean-Baptiste Camille Corot eine Art Manie ausgebrochen, er war so sehr en vogue, dass selbst talentierte Künstler stolz darauf waren, diesen Stil imitieren zu können. Landschaften im Stile von Corot waren zu einer Marke geworden, synonym für den guten Geschmack.
Die Situation wurde nicht leichter, als sich der Meister selbst wenig um das Signieren scherte, kein Verzeichnis anlegte, seinen Malerkollegen unsignierte Skizzen zu freien Verwendung überließ. Wie auch immer, es gibt rund 10.000 (!) nicht ganz so echte Corots aus der Zeit, und das ist eine konservative Schätzung. Spätere Fälschungen noch nicht mitgezählt.
Erstes Werkverzeichnis von Robaut bringt wenig Klarheit
Unerschrocken hat Künstler und Publizist Alfred Robaut (1830 – 1909) im Jahr 1905 ein Werksverzeichnis erstellt. Nicht, dass er die Sache falsch gemacht hätte. Dieses Werksverzeichnis vergällte manchem Sammler die Freude am damals schon teuren Corot. Und man sagt Robaut eine gewisse Freude mit dem Corot-Wahn und dessen Folgen nach.
Heute steht bei vielen Auflistungen ein Fragezeigenzeichen gleich hinter dem Namen. Kein Händler will sich lächerlich machen und so tun, als ob er das Problem nicht kennen würde. Auf den Deal verzichten will aber auch keiner.
Wie kein zweiter schaffte es Corot in die Mittelklasse. Und gemäß der Logik: vermutlich Fake, aber was weiß man schon? Egal, es ist doch ein schönes Bild. Viele Bilder sind nicht die erste Wahl. Das hängt eben mit der Nachlässigkeit im Umgang mit unfertigen Bildern durch Camille Corot zusammen. Zu beweisen, dass der Corot echt ist, ist aufwändig. Und selbst Kunstexperten tun sich schwer, sich festzulegen. Eine häufig gebrauchte Universalerklärung ist die „Schule von Barbizon“ – also wenn schon nicht der Meister, dann immerhin aus dem Umfeld. Wer damit leben kann, hat für wenig Geld einen echten Blickfang erworben. Gesprächsthema inklusive.
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