Letzes Update 28. September 2022. LIA ist eine in Wien lebende Künstlerin, die sich im Bereich Digitaler Kunst einen Namen gemacht hat. Welche Rolle Wien und Österreich spielen, ist ein Thema für sich. Die Branche ist international. Sie hat eine Serie auf Artblocks und gehört international zu den bekannten Größen im NFT-Bereich. Es ist eher die Ausnahme, dass jemand von Österreich aus agiert und dieser Umstand ist ein guter Ausgangspunkt, um möglichst viel über die Szene zu erfahren.
LIA, die Preisentwicklung mancher NFT von einzelnen Künstlern ist für mich schwer zu durchschauen. Da du schon länger digitale Kunst verkaufst, hast du ein Gefühl dafür entwickelt was gute Marktchancen hat?
LIA: Ich habe im September 2020 mein erstes NFT auf der Plattform SuperRare geminted. Seither ist viel passiert, nicht nur in Bezug auf die Preisentwicklung von Ethereum, Bitcoin und Co., sondern auch auf dem gesamten NFT-Markt: es sind viele neue Plattformen entstanden, einige davon werden bleiben, andere wahrscheinlich wieder verschwinden. Was sich vielleicht vor einem Jahr noch gut verkauft hat, kann heute schon ein Ladenhüter sein, weil zu viele das gleiche – zuvor erfolgreiche – Konzept einfach nur kopieren – dabei denke ich hauptsächlich an Serien im Stil von den CryptoPunks, die heute noch für Unsummen gehandelt werden.



© LIA, jeffdavis
Was denkst du über die Käufer? Sind das Kunstfreaks, oder Investoren, oder beides? Ist das ähnlich wie in der konventionellen Kunstwelt oder doch ganz anders?
Die Käufer sind meiner Meinung nach entweder Leute, die der Kunst wegen kaufen oder Leute, die mit NFTs eben spekulieren wollen. Das eine schließt aber das andere durchaus nicht aus. Ich gehe davon aus, dass die Mechanismen des traditionellen Kunstmarktes großteils übernommen werden. Was beim Verkauf von NFTs aber ganz neu ist, ist dass die Künstlerinnen bei jedem weiteren Verkauf (“secondary market”) nochmal eine Provision bekommen, das gab es bisher am herkömmlichen Kunstmarkt nicht.
Welche Rolle spielen die großen Auktionshäuser? Du kennst auch diese Welt und hattest ein Projekt mit Christie ´ s Wie war das?
Das war alles für mich ganz schrecklich. Im Vorfeld war eine grosse Erwartung meinerseits da, dass das nun so eine Art Durchbruch sein könnte, wenn man als noch lebende Künstlerin die eigene Kunst bei Christie’s anbietet. Im Endeffekt hat sich diese Erwartung nicht erfüllt und ich war die Einzige, die ihre Arbeit nicht verkaufen konnte. Es gab aus bestimmten Gründen kein Interesse, diese Auktion erfolgreich werden zu lassen – aber das ist eine längere Geschichte. Christie’s hat zum Beispiel kein einziges Mal Werbung für diese Auktion gemacht und die Arbeiten, die dann im Rahmen dieser Auktion verkauft wurden, sind dementsprechend weit unter dem üblichen Marktpreis veräussert worden.
Der Verkauf von Bleeples NFT für 69 Millionen US-Dollars hat sicher geholfen, dass NFTs auch für die breite Masse zum Begriff geworden sind, aber die grossen Auktionshäuser sind hier meiner Meinung nach nicht die Trendsetter, sondern sie versuchen halt irgendwie, den Zug nicht zu versäumen.
Wo siehst du den NFT-Markt in einigen Jahren? Welche ästhetischen, gesellschaftlichen, ökonomischen Entwicklungen kannst du dir vorstellen?
Ich kann mir vorstellen, dass man in der Zukunft alles Mögliche mit NFTs als Besitznachweis kaufen wird können, weil ein NFT ist im Prinzip ja nur so etwas wie ein Grundbucheintrag. Ich hab vor kurzem in einem Gespräch gelernt, dass die Firma Pringles einen Geschmack mit dem Namen CryptoCrisp veröffentlicht hat, den Geschmack gibt es nicht wirklich, sondern nur in Form von NFTs. Der Geschmack ist eine limitierte Edition von einem digitalen Kunstwerk.
Ich gehe davon aus, dass die Grenzen zwischen digitaler Welt und realer Welt immer mehr verschwimmen werden. Für die Generation, die mit Pokemon aufgewachsen ist, ist das komplett normal, dass man echtes Geld ausgibt, damit der eigene Avatar im Spiel besser/anders aussieht. Karl Lagerfeld kann man nun ja auch digital sammeln.
Glaubst du, dass der aktuelle Hype dazu führt, dass sich mehr Menschen für Coding, Programmiersprachen und die Anwendung in der Kunst interessieren werden? Kann das ein neues Berufsbild werden, so ähnlich wie Mediendesigner?
Ich denke schon, dass sich mehr Leute mit “creative coding” und Programmieren in der Kunst beschäftigen werden, wenn sie sehen, dass man von digitaler Kunst auch tatsächlich leben kann.
Wie geht man als Künstler:in mit der ständigen Transparenz auf Etherscan, den Preislisten auf allen Plattformen um. Eine Anonymität wie sie zB. im Bereich bildender Kunst möglich ist, gibt es praktisch nicht?
Ich finde es grossartig, dass jeder sehen kann, was jemand wann für was bezahlt hat! Da gibt es dann keine Absprachen mehr, da liegen die Karten auf dem Tisch. Es gibt für die Plattform Hic Et Nunc auch grossartige Tools von @nftbiker– da kann man sich alle möglichen Statistiken ansehen.
Wo sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Verkaufs-Plattformen für dich persönlich und welche hast du am liebsten?
Also angefangen hab ich auf der Plattform SuperRare. Da war ich noch ganz neu in diesem Bereich und hab einfach “quer durch den Gemüsegarten” ausprobiert, was sich verkaufen lässt. Weiters habe ich auf Foundation begonnen, Serien NFTs zu machen und ich will mir diese Plattform quasi für Serien reservieren.
Danke für die Informationen.
<jg>