Ressler: Affaire um angebliche Rainer-Fälschungen schaden dem Markt nicht

Update 16. Oktober: Die neue Version des umstrittenen Buches über Arnulf Rainer ist bereits wieder auf dem Markt und kann via Mail direkt beim Autor bestellt werden. Kunstexperte und Autor Otto Hans Ressler im Interview – ein Versuch ganz nüchtern die Fakten zu finden.

Herr Ressler, dürfen Sie in der Rechtsache sprechen und was brachte diese Veröffentlichung für Sie persönlich mit sich? Hat Ihnen die Veröffentlichung Ihrem Ruf als Sachverständiger geschadet?

Es gibt für mich im Zusammenhang mit dem offenen Verfahren keine Einschränkungen. Ich bin weder Kläger noch Beklagter. Worum geht es in dem Rechtsstreit? Bei einer Sammlerin, Brigitte Löw, ist ein Konvolut Übermalungen von Arnulf Rainer aufgetaucht, über das die Lebensgefährtin des Künstlers behauptet, es seien Fälschungen oder Unterschlagungen. Nur, diese Arbeiten hat Hannelore Ditz, die Lebensgefährtin, nie gesehen. Sie hat auch alle Bemühungen unterbunden, dass Arnulf Rainer sie sich ansieht.

Warum gab es vorab kein Ansichtsexemplar für das Studio Rainer, das hätte doch eine Menge Ärger erspart?

Selbstverständlich wurde dem Studio Rainer das Buch unmittelbar nach Erscheinen zur Verfügung gestellt. Erst dieser Umstand hat Frau Ditz überhaupt in die Lage versetzt, eine Einstweilige Verfügung zu erlassen. Noch einmal würde ich das nicht tun.

Wie wird sich das auf den Markt mit Bildern von Arnulf Rainer auswirken?

Normalerweise reagiert der Kunstmarkt sehr nervös auf jeden Fälschungsverdacht. Im Kinsky wurden aber zwei „Fälschungen“ hoch gesteigert. Offenbar teilen die Sammler die im Studio Rainer aufgestellten Behauptungen nicht. Deshalb sehe ich keine Auswirkungen, allenfalls die, dass die Sammler die Teneriffa-Werke besorgt begehren, weil sie so lebendig sind.

Gerichte können versuchen jetzt zu klären, was eine Fälschung ist und was nicht. Wie gehen Sie vor in der Beurteilung echt oder nicht echt?

Ich denke, Gerichte sind dazu nicht imstande. Sie können diese Streitfrage nur mithilfe eines Experten klären. Da die Experten Teil des Kunstmarkts sind, braucht es die Gerichte eigentlich nicht. Normalerweise genügt für die Feststellung der Echtheit meine Erfahrung. Der nächste Schritt ist, sich an den Künstler oder seine Witwe zu wenden. Doch deren Aussagen sind nicht so verlässlich, wie man das erwarten würde. Es gibt Künstler, die sich irren, die sich nicht mehr erinnern, die ganz bewusst lügen, aus welchen Gründen immer.

Kommt das häufiger vor, dass sich Künstler von einigen ihre Werke distanzieren?

Ja, leider. Wenn ein Künstler zu einem früheren Werk nicht mehr steht, kann er es zurückkaufen. Er kann es gegen ein anderes tauschen. Über ein frühes Werk zu behaupten, es sei eine Fälschung, ist kriminell. Unfair gegenüber dem Sammler.

Die Affaire um die Fälschungen bringt auch viele private Details von Arnulf Rainer ans Tageslicht. Was macht dieser Gossip mit der Kunstszene? Geht es noch um die Bilder? 

Ich trenne zwischen dem Künstler und seinem Werk. Dass in Zusammenhang mit Arnulf Rainer nicht nur über seine Kunst gesprochen wird, sondern über sein Privatleben, ist von dem Buch nicht zu verantworten. Diese Diskussion hat das Atelier Rainer und sonst niemand ausgelöst.

Vielen Dank für das Interview!

Otto Hans Ressler © privat
Otto Hans Ressler ist Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger & Geschäftsführender Gesellschafter der Ressler Kunst Auktionen und Autor. 

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